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Mittwoch, 25.02.2004

"Die Frau lebt nicht vom Mann allein"

plakat

Die Frage, ob irgendjemand, geschweige denn, irgendeine Frau, den Frauentag braucht, ist unnötig: Einmal im Jahr gewährt man ihr den Platz in dem Park für bedrohte Spezies, den Feiertage üblicherweise haben. Pünktlich zum Frauentag werden wieder in vielen Zeitungen viele Artikel geschrieben und für den Rest des Jahres die weibliche Sicht der Dinge gerne übersehen. Erinnern wir uns zurück an die Ursprünge der weiblichen Emanzipation.
Seit 1911 gehen weltweit Millionen Frauen am 8. März auf die Straße, um für ihre Rechte zu kämpfen. Der 8. März wurde zum ersten Mal 1910 als internationaler Frauenkampftag im Rahmen der 2. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen auf Initiative von Clara Zetkin beschlossen. Die Geschichte dieses Tages geht auf einen Streik der Textilarbeiterinnen des Unternehmens Cotton in New York im Jahre 1857 zurück. Damals setzte die Polizei das Fabrikgebäude in Brand, um die letzten rebellierenden Arbeiterinnen zum Aufgeben zu zwingen. Dabei kamen 129 Frauen ums Leben. Sie hatten eine Arbeitszeitverkürzung auf 10 Stunden pro Tag und das Recht auf Mutterschutz gefordert. Die Wurzeln des Internationalen Frauentages liegen im Frauenkampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, später der Kampf um Gleichberechtigung und Wahlrecht für Frauen. Einen starken Rückschritt brachte in Deutschland die NS-Ideologie. Sie sah die Rolle der Frau als Ehefrau und Mutter. 1932 wurde der Frauentag von den Nationalsozialisten verboten und durch den Muttertag ersetzt.
In den 70ern gab es dann die lila Latzhose als eine Art Symbol der Frauenbewegung, sie war nur kurz in Mode. Die Trägerin drückte mutig und entschlossen aus: Ich geh ins Frauenzentrum, wir haben eigene Räume, Männer sind uns mal gerade total egal. Die Latzhose wurde Zeichen der Tabubrüche, Themen über die man ungern spricht, wie: Mein Bauch gehört mir, häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit, sexueller Missbrauch an Kindern... 1971 initiierte Alice Schwarzer in Deutschland die Abtreibungskampagne nach französischem Vorbild: "Ich habe abgetrieben", bekannten 400 Frauen im Stern.
In Westeuropa gewann der Tag in den 80er Jahren wieder größere Bedeutung, wo er von Gewerkschaftlerinnen in Deutschland wiederbelebt wurde. Themen bleiben die Ungleichbehandlung, Rechte von Ausländerinnen und bessere Sicherung der Frauenrechte im gesamten europäischen Raum. Die Forderungen orientieren sich in jedem Jahr natürlich auch an der aktuellen politischen Lage der einzelnen Länder
1986 feierte der Frauentag seinen 75. Geburtstag und stand unter dem Motto: "Wir wollen Brot und Rosen!"
Brot steht für: * Recht auf Arbeit * Gerechte Entlohnung * Gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen * Menschgerechte Arbeitsbedingungen * Berufliche Entfaltung und Fortentwicklung * Eigenständige soziale Sicherung für die Frau.
Rosen stehen für: * Die Möglichkeit mit Kindern zu leben und berufstätig zu sein * Familiengerechte Arbeitszeiten * Die Befriedigung kultureller Bedürfnisse * Eine menschenwürdige Wohn- und Lebensumwelt * Die gleichberechtigte Teilhabe von Männern an Hausarbeit und Kindererziehung * Humane Politikformen * Toleranz * Frieden.
Seither herrscht der Brauch, Frauen am 8.März mit einer roten Rose zu beschenken.
 
Es geht um die Gleichberechtigung der Frau hinsichtlich bürgerlicher Rechte und es geht um die Rolle der Frau, in der gesellschaftlichen Reproduktion, also der Produktion von Nachkommen.
Dafür ist nach wie vor die Frau zuständig und daran wird sich auch in (naher) Zukunft nichts ändern. Eine Frau wird einen dicken Bauch bekommen, unter Schmerzen gebären, das Neugeborene stillen, für das Kleinkind sorgen und ganz selbstverständlich ihre Karriere gegen KKK (modern: Kinder, Küche und Kindergarten) eintauschen.
Und spätestens jetzt geht es um Zahlen: In Deutschland arbeiteten im Jahr 2001 knapp 50 Prozent aller Mütter von Kindern im Vorschulalter, davon lediglich 10 Prozent in Vollzeitjobs, macht 5 Prozent insgesamt. In vielen Berufen verdienten Frauen im Jahr 2003 durchschnittlich immer noch mehr als 20 Prozent weniger als Männer, erhielten erwerbslose Frauen auch deutlich weniger Arbeitslosenhilfe, 85 Prozent von ihnen erhalten weniger als 600 Euro im Monat.
Nicht zuletzt die Politik sorgt dafür, dass Mütter den Ausstieg aus dem Berufsleben vorziehen. Sie erhalten staatlicherseits zugewiesenes Erziehungsgeld und, mit etwas Glück, die Unterstützung durch einen männlichen Ernährer. Müttern wird in klassischen bürgerlichen Verhältnissen angeboten den Beruf für die private Vermehrung zu verlassen. Es entstehen erhebliche finanzielle Abhängigkeiten und Altersarmut scheint vorprogrammiert. Daher will Frau nicht länger Einkommen durch Heimarbeit erzielen, sondern die Heimarbeit, also Kindererziehung als rentenrelevante und sozialversicherte Arbeit fordern, denn hier sind Mütter teilweise schlechter gestellt als Prostituierte, die zweite klassische "weibliche Dienstleistung".
In diesem Jahr fordert die Gewerkschaft verdi mit dem Slogan: "Die Frau lebt nicht vom Mann allein", zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein besseres Kinderbetreuungsangebot für alle Altersstufen, Ausbau von ganztägigen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie sozialverträgliche Arbeitszeitgestaltung, die den familiären Anforderungen entgegenkommt. Nur so gibt es eine Chance für existenzsichernde Berufstätigkeit.
 
Die völlige Chancengleichheit und gelebte Gleichberechtigung in allen gesellschaftlichen Bereichen zwischen Frauen und Männern gibt es noch lange nicht. Wir brauchen den Internationalen Frauentag also weiterhin, da die Forderungen bis zum heutigen Tag nicht an Aktualität verloren haben.
Er ist Tag der Rechte der Frau.
 
Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag in Neukölln:
 
Frauenball zum Internationalen Frauentag
Saalbau Neukölln und Café Rix

Karl-Marx-Str. 141
Es perlt in Neukölln ...
Susanne & die Damenkapelle
Claudy Blue Sky
Angl´es - Line
DJane Andrea
Einlass 18:30 Uhr
Eintritt 10,00€  incl. 3,00 Verzehrbon
 
"Frühlingserwachen"
Mädchenzentrum "Szenenwechsel"
Donaustr. 88a
12043 Berlin
16-24 Uhr
Wie jedes Jahr, werden wir auch dieses Jahr den Frauentag in unserem Haus mit schönen Angeboten feiern. Folgende Angebote haben wir für Euch und für unsere Mädchen geplant:
Sexualaufklärung, Netzstadtspiel und Modenschau zum Thema "Liebe". Alle Mädchen und junge Frauen sind herzlich eingeladen.

graphik: Ausschnitt Ver.di-Plakat; text: JWolter