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Donnerstag, 18.12.2003

Gewalt kommt nicht in die Tüte

 
Am 25. November 1960 wurden drei Schwestern wegen ihrer politischen Aktivitäten vom militär-ischen Geheimdienst der Dominikanischen Republik nach monatelanger Folter ermordet.
Rund 20 Jahre später wird der 25. November zu einem internationalen Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen ausgerufen. Seit Jahren sind die Tage rund um den 25. November neben dem 8. März die Hauptaktionstage für Protestveranstaltungen der Frauenbewegung gegen Diskriminierung, Unterdrückung und Verfolgung von Frauen. Sichtbare Zeichen dieses Gedenkens sind seit 2001 die blauen Fahnen von TERRE DES FEMMES, der gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation für Frauen und Mädchen. In ganz Berlin hängen seit dem 25. November diese Fahnen an allen Rathäusern; insgesamt wehen 40 davon. Das Fahnensymbol "Frei leben ohne Gewalt" soll bundesweit ein Zeichen für ein freies und gewaltloses Leben von Frauen setzen.

Die Polizei war ebenfalls mit einem Infowagen vor Ort, um Interessierte über das Gewaltschutzgesetz und häusliche Gewalt aufzuklären. Sie ist begeistert über diese Aktion und hofft, dass sich mehr Frauen trauen, Anzeige zu erstatten. In  Berlin rückt die Polizei pro Jahr zwischen 12.000 und 14.000 Mal in Fällen häuslicher Gewalt aus. Die tatsächliche Zahl der Übergriffe ist jedoch weitaus höher. Jährlich flüchten etwa 2.500 Frauen in Berliner Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen. Der Verein Frauenschmiede hier im Kiez berät Frauen in sozialen Notlagen und stellt Zufluchtswohnungen für Frauen zur Verfügung. Die Frauenschmiede beteiligte sich mit einer Versteigerung an der Aktion und stellte den Erlös den Neuköllner Zufluchtswohnungen zur Verfügung. Bei der BIG-Hotline, dem Notruf bei häuslicher Gewalt, gingen dieses Jahr schon knapp 5.000 Anrufe ein. Das mobile Einsatzteam, das direkt zu den Frauen fährt, war bereits 84 Mal gefordert.
 
Häusliche Gewalt kommt in allen Ländern und in allen gesellschaftlichen Schichten vor. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass es sich in 98% der Opfer häuslicher Gewalt um Frauen handelt. Sie sind in den meisten Fällen den gewalttätigen Angriffen des  Ehemannes oder Lebenspartners ausgesetzt.
Dennoch ist die Strafverfolgung der Täter immer noch eher die Ausnahme als die Regel.
 
Ziel dieser Aktion ist es, ganz deutlich zu machen, dass auch Gewalt hinter verschlossenen Türen auf jeden Fall kriminell und damit strafbar ist.
Gewalt ist kein Kavaliersdelikt.
 
 
BIG-Hotline: 611 03 00
Frauenschmiede e.V.: 687 60 81

Bei uns in Neukölln hisste der Bezirks-bürgermeister Heinz Buschkowsky zusam-men mit dem Kickbox-Weltmeister Cengiz Koc die Fahne. Dazu erklangen die Trommeln der Frauen-Sambagruppe Usambaras. In diesem Jahr kam eine neue Aktion in zwei Berliner Bezirken hinzu. Ab dem 25. November wurden in vielen Neuköllner Bäckereien und Obstläden die Nahrungsmittel in Tüten mit dem Aufdruck "Gewalt kommt nicht in die Tüte" verpackt. Den Aufdruck gibt es in deutsch und türkisch. Mit diesem Slogan identifizieren sich der frühere Box-Profi Axel Schulz und der Profiboxer Cengiz Koc, der Senator Harald Wolf und der Bezirksbürgermeister Heinz Buschowsky. Unter anderem wurden ihre Aussagen gegen häusliche Gewalt auf die Tüten gedruckt. Die Neuköllner Frauenbeauftragte, Renate Bremmert, fand Unterstützung für diese Idee und organisierte insgesamt 170.000 Tüten. Die Bäckereibetriebe "Steineckes" und "Märkisches Landbrot" aber auch türkische Geschäfte, wie z.B. "Anatolia Kuruyemisci" und "Ülker Bäckerei" benutzen sie in ihren Filialen. "Ich bin sehr stolz auf die 5.000 Tüten mit dem Slogan, die der türkische Unternehmerverband auf eigene Kosten gedruckt hat. Das ist ein Durchbruch", sagte Frau Bremmert.

foto: PDierking; text: JPerchalla, JWolter